Abraham wird immer wieder als Vater der monotheistischen Religionen gesehen. Seine Art zu Glauben ist ein Vorbild für alle Menschen.
Erst wenn wir verstehen, wie Abraham Gott erlebt hat, können wir beurteilen, ob wir an den Gott von Abraham glauben oder ob wir einem eigenen Gottesbild folgen.
Sendung auf Radio Maria Schweiz vom 4. Januar 21
Nächste Sendung zum Thema: Abraham – erwählt zum Segen, Montag 1. Februar, 14 Uhr
Abraham ist die erste gemeinsame Person in allen drei Religionen. Deshalb entsteht derzeit in Abu Dhabi das Haus der abrahamitischen Familie, welches das Ziel hat, ein gemeinsames Zusammenleben von Juden, Christen und Muslimen zu fördern.
Wir hören schnell das Argument, dass Juden, Christen und Muslime an den gleichen Gott glauben, den Gott Abrahams.
Ob wir tatsächlich an den gleichen Gott glauben, sehen wir nur dann, wenn wir unseren Glauben mit dem Gott, den Abraham verehrte, vergleichen. Erst wenn wir verstehen, wie Abraham Gott erlebt hat, können wir beurteilen, ob wir an den Gott von Abraham glauben oder ob wir einem eigenen Gottesbild folgen.
Abraham hat nicht drei Religionen gegründet. Vielmehr ist seine Art zu glauben ein Vorbild für alle Menschen.
Im Koran steht in Sure 2,132: „Abraham befahl das Bekenntnis seinen Söhnen an: Gott hat euch eine auserlesene Religion gegeben. Ihr dürft ja nicht sterben, ohne Gott ergeben zu sein.“ Dann steht im Vers 133: „Sie sagten zu Jakob: Dem Gott von dir und deinen Vätern Abraham, Ismael und Isaak als einem einzigen Gott. Ihm sind wir ergeben.“
Abraham wird hier als erster Muslim beschrieben. Sein Glaubensbekenntnis ist: Man soll Gott ergeben sein. In Vers 133 wird es zum Bekenntnis: „Der Gott Abrahams, Ismaels, Isaaks und Jakobs ist der einzige Gott. Ihm sind wir ergeben.“
Jesus sagt in Markus 12,26: „Habt ihr das nicht im Buch des Mose gelesen, in der Geschichte vom Dornbusch, in der Gott zu Mose spricht: Ich bin der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs?“
In Johannes 8,39 antworteten die Juden Jesus: „Unser Vater ist Abraham.“ Dabei berufen sie sich auf ihre Abstammung. Im Gegensatz dazu gilt Mose bei ihnen als der Gründer des Judentums.
Juden, Christen und Muslime sehen also alle in Abraham ein Vorbild des Glaubens.
Abraham hat aber nicht drei Religionen gegründet. Und auch innerhalb der Religionen gibt es ganz unterschiedliche Arten, an Gott zu glauben.
Wenn wir sagen, dass wir an den Gott Abrahams glauben, müssen wir zuerst schauen, an was für einen Gott Abraham geglaubt hat und was die Merkmale seines Glaubens sind.
Jesus sagt in Johannes 8,39: „Wenn ihr Kinder Abrahams wärt, würdet ihr die Werke Abrahams tun.“
Wenn wir uns auf Abraham berufen, dann müssen wir wie Abraham an Gott glauben.
Achten wir darauf, was die herausragenden Eigenschaften vom Gott Abrahams sind.
Die folgenden Punkte fallen auf:
- Gott redet.
- Gott und Abraham sind Freunde.
- Das Wesentliche schenkt Gott.
- Gott begegnet Abraham als Mensch.
- Gott kann zugleich im Himmel und auf dieser Erde sein.
- Es geht nicht darum, dass wir Gott bewegen, sondern Gott uns.
Gott spricht zu Abraham. Was bedeutet das für uns?
In 1. Mose 12,1 steht: „Der HERR sprach zu Abram: Geh fort aus deinem Land, aus deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde!“ Drei Wort sind sehr wichtig: „Der HERR sprach.“
Stephanus sagt in Apostelgeschichte 7,2: „Brüder und Väter, hört mich an! Der Gott der Herrlichkeit erschien unserem Vater Abraham, als er in Mesopotamien lebte, ehe er sich in Haran niederließ.“
Der Gott Abrahams spricht.
Schon ganz am Anfang, in 1. Mose 2,16, steht: „Dann gebot Gott, der HERR, dem Menschen.“ Gott hat die Menschen nicht einfach entstehen lassen und kümmert sich dann nicht mehr um sie. Nein, er spricht mit ihnen.
Sogar als die Menschen sich von Gott abwandten und sich vor ihm versteckten, steht in 1. Mose 3,9: „Aber Gott, der HERR, rief nach dem Menschen und sprach zu ihm: Wo bist du?“
Gott spricht zu uns Menschen. Dazu wurden wir erschaffen: „Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Bild, uns ähnlich! Sie sollen walten über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels, über das Vieh, über die ganze Erde und über alle Kriechtiere, die auf der Erde kriechen.“ So steht es in 1.Mose 1,26.
Gott wollte Verwalter auf der Erde einsetzen, mit denen er reden kann. Gott spricht zu Adam, Eva, Kain, Noah und Abraham.
Wenn wir im biblischen Stammbaum die Zahlen zusammenzählen, dann konnte Abraham Noah noch kennenlernen. Es kann also sein, dass Noah dem Abraham erzählte, wie es damals bei der Flut war, wie Gott zu ihm gesprochen hat und wie er Gott mit einem Opfer seinen Dank zum Ausdruck brachte.
Dass einfach so dasteht: „Der HERR sprach zu Abram“, zeigt an, dass Abraham für Gottes Reden offen war. Wenn wir also glauben wie Abraham, dann sind wir offen für Gottes Reden und erleben, dass Gott auf unterschiedliche Arten zu uns spricht.
Das Judentum ist stolz darauf, dass Gott in 2. Mose 19 und 20 zum ganzen Volk sprach. Doch dann steht in Vers 19: „Sie sagten zu Mose: Rede du mit uns, dann wollen wir hören! Gott soll nicht mit uns reden, sonst sterben wir“ (2.Mose 20,19). Das heutige Judentum rechnet nicht damit, dass Gott spricht, sondern dass die Rabbiner die Autorität haben, Dinge zu bestimmen. Entscheidend im jüdischen Glauben ist immer, was mein Rabbiner sagt. Samuel Levine schreibt: „Im 5. Mose 17,8-13 steht, dass die Juden, wenn in irgendeinem Bereich des jüdischen Rechts Zweifel auftauchen sollte, zum Sanhedrin, dem Obersten Gericht, gehen sollten. Was dann der Sanhedrin beschließt, wird zum Willen Gottes werden.“
Im Islam spricht Gott auch nicht direkt zu den Muslimen. Sogar der Koran wurde nach islamischer Überlieferung vom Engel Gabriel vorgetragen und Mohammed hat ihn dann rezitiert. Nur nach einer islamischen Tradition in den Hadithen aus dem 8. Jahrhundert ist Mohammed in den Himmel aufgefahren und hat Gott im siebten Himmel hinter dem Lotusbaum getroffen, an einem Ort, zu dem nicht einmal Gabriel hingehen konnte. (Dies berichtete Sahih Muslim)
Vor diesem Hintergrund ist es sehr spannend, dass der Gott Abrahams spricht, ja, dass er sogar bis heute Menschen anspricht. In Jesaja 43,1 steht: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich ausgelöst, ich habe dich beim Namen gerufen, du gehörst mir!“
Und Jesaja 65,1-2 offenbart uns noch etwas Spannendes über Gott. Da steht: „Ich wurde gesucht von denen, die nicht forschten, ich wurde gefunden von denen, die mich nicht suchten. Ich sagte zu einer Nation, die mich nicht anrief: Hier bin ich, hier bin ich! Den ganzen Tag streckte ich meine Hände aus.“
Gott ruft uns und sucht uns. Er spricht zu uns.
Spannend ist nun, wie Jesus uns im Neuen Testament beschrieben wird. Jesus spricht in göttlicher Autorität. Er sagt nicht: „Gott hat mir gesagt“, sondern: „Ich sage euch“.
Heute spricht Gott durch den Heiligen Geist. In Johannes 16,13 sagt Jesus: „Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in der ganzen Wahrheit leiten. Denn er wird nicht aus sich selbst heraus reden, sondern er wird reden, was er hört, und euch verkünden, was kommen wird.“
Gott spricht mit Abraham. Heute spricht er durch den Heiligen Geist zu den Menschen, die auf ihn hören wollen. Im Hebräer 3,7-8 steht: „Darum beherzigt, was der Heilige Geist sagt: Heute, wenn ihr seine Stimme hört, verhärtet nicht eure Herzen.“ Der Heilige Geist leitet uns. Er spricht zu uns. Er öffnet uns die Augen und unseren Verstand, wenn wir uns ihm nicht verschließen.
Paulus schreibt in Römer 1,20: „Seit Erschaffung der Welt wird nämlich seine unsichtbare Wirklichkeit an den Werken der Schöpfung mit der Vernunft wahrgenommen, seine ewige Macht und Gottheit. Daher sind sie unentschuldbar.“
Gott spricht auch durch die Bibel zu uns. In Lukas 16,29 erzählt Jesus die Geschichte von Lazarus und dem reichen Mann. Darin sagt Abraham: „Sie haben Mose und die Propheten, auf die sollen sie hören.“
Was steht hinter der Aussage, dass Gott und Abraham Freunde sind?
In Jesaja 41,8 steht: „Du aber, Israel, mein Knecht, Jakob, den ich erwählt habe, Nachkomme meines Freundes Abraham.“ Abraham wird von Gott selbst als Freund bezeichnet. Wenn wir so an Gott glauben, wie es Abraham getan hat, dann ist Gott unser Freund.
Einem Freund müssen wir uns nicht erklären. Wir spielen ihm nichts vor. Wir wissen, dass er es gut mit uns meint. Auch wenn wir uns nicht immer treffen, wissen wir, dass wir füreinander da sind. Wenn Gott mein Freund ist, dann muss ich Gott nicht in Frage stellen. Fragen stellen schon, aber nicht in Frage stellen.
Es ist ja schon außergewöhnlich, was Jesus in Johannes 15,15 sagt: „Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe.“ Gott offenbart sich uns und er meint es zutiefst gut mit uns.
Isma’il al Faruqi schreibt: „Allah offenbart nur seinen Willen … Allah offenbart sich niemandem … das ist der große Unterschied zwischen Christentum und Islam“ (Christian Mission and Islamic Da’wah, The Islamic Foundation, 1982, Seite 47-48). Obwohl der Koran erwähnt, dass Gott Abrahm seinen Freund nennt (Sure 4,125). Ein Freund offenbart sich seinem Gegenüber.
Im Judentum spricht Gott nur mit Mose wie mit einem Freund. In 2.Mose 33,11 steht: „Der HERR und Mose redeten miteinander von Angesicht zu Angesicht, wie einer mit seinem Freund spricht.“
Das Spannende ist: Abraham hatte zu Gott diese vertrauensvolle freundschaftliche Beziehung. Und Jesus bietet uns diese auch an.
Mein Wunsch ist es, dass wir alle wieder neu lernen, uns so vertrauensvoll an Gott zu wenden wie an einen guten Freund. Denn Gott will unser Freund sein.
Das Wesentliche schenkt Gott.
Abraham wird zugutegehalten, dass er Gott vertraut. Paulus schreibt in Römer 4,3: „Denn was sagt die Schrift? Abraham glaubte Gott und das wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet“ (1. Mose 15,6).
Alles, was das Leben von Abraham ausmacht, hat Gott geschenkt. Und hier liegt der eigentliche Kern. Gott schenkt uns das Heil, damit wir mit ihm leben können. Wir meinen aber oft, wir müssten mit Gott leben, damit wir sein Heil als Belohnung erhalten. Das ist ein feiner Unterschied, der aber viel ausmacht. In beiden Fällen will ich den Weg Gottes gehen, aber einmal aus Dankbarkeit und Liebe und das andere Mal, um einen Lohn zu erhalten. Ein Knecht erhält ein Lohn. Ein Kind Gottes wird geliebt. Johannes schreibt: „Allen aber, die ihn (Jesus) aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben“ (Johannes 1,12).
Glaube wirkt sich immer in Taten aus. Aber nicht alle Menschen haben entdeckt, dass Taten nicht die Grundlage für eine Annahme bei Gott sind, sondern die Annahme bei Gott durch Jesus uns zu veränderten Menschen macht.
Gott begegnet Abraham als Mensch.
In 1. Mose 18 besucht Gott den Abraham. 1 Der HERR erschien Abraham bei den Eichen von Mamre, während er bei der Hitze des Tages am Eingang des Zeltes saß. 2 Er erhob seine Augen und schaute auf, siehe, da standen drei Männer vor ihm. Als er sie sah, lief er ihnen vom Eingang des Zeltes aus entgegen, warf sich zur Erde nieder 3 und sagte: Mein Herr, wenn ich Gnade in deinen Augen gefunden habe, geh doch nicht an deinem Knecht vorüber! … 9 Sie fragten ihn: Wo ist deine Frau Sara? Dort im Zelt, sagte er. 10 Da sprach er: In einem Jahr komme ich wieder zu dir. Siehe, dann wird deine Frau Sara einen Sohn haben. Sara hörte am Eingang des Zeltes hinter seinem Rücken zu. 11 Abraham und Sara waren schon alt; sie waren hochbetagt. Sara erging es nicht mehr, wie es Frauen zu ergehen pflegt. 12 Sara lachte daher still in sich hinein und dachte: Ich bin doch schon alt und verbraucht und soll noch Liebeslust erfahren? Auch ist mein Herr doch schon ein alter Mann! 13 Da sprach der HERR zu Abraham: Warum lacht Sara und sagt: Sollte ich wirklich noch gebären, obwohl ich so alt bin? 14 Ist denn beim HERRN etwas unmöglich? Nächstes Jahr um diese Zeit werde ich wieder zu dir kommen; dann wird Sara einen Sohn haben. … 16 Die Männer erhoben sich von dort und schauten auf Sodom hinab. Abraham ging mit ihnen, um sie zu geleiten. 17 Da sagte der HERR: Soll ich Abraham verheimlichen, was ich tun will? 22 Die Männer wandten sich ab von dort und gingen auf Sodom zu. Abraham aber stand noch immer vor dem HERRN. 19, 1 Die beiden Engel kamen am Abend nach Sodom.
Zu Abraham kamen drei Männer. Zwei davon gingen später nach Sodom. Sie werden in 1.Mose 19,1 als zwei Engel identifiziert. Vor dem dritten Mann blieb Abraham stehen. Dieser Mann wird mit dem Gottesnahmen (JHWH) bezeichnet (1.Mose 18,22).
Ist es möglich, dass Gott in Gestalt eines Menschen erscheint? Kein Mensch kann Gott werden, doch kann Gott Mensch werden? Im Text gibt es in Vers 14 eine gute Antwort: „Ist denn beim HERRN etwas unmöglich?“ (1.Mose 18,14).
Die ganze Sache wird noch spannender, weil auch Jesus sich auf diese Begebenheit bezog. Er sagte in Johannes 8,56: „Euer Vater Abraham jubelte, weil er meinen Tag sehen sollte. Er sah ihn und freute sich.“ Die Schriftgelehrten fragten ihn: „Du hast Abraham gesehen?“ (Johannes 8,57). Für die Zuhörer war klar, dass Jesus damit sagen wollte, dass er der dritte Mann gewesen sei, der Abraham erschien und der mit Gott (JHWH) bezeichnet wird. Deshalb wollten sie Steine nach ihm werfen, denn sie empfanden das als Gotteslästerung, weil Jesus damit sagt, er sei Gott JHWH.
Abraham läuft den Besuchern entgegen und fällt vor ihnen nieder (1.Mose 18,2). Das ist nicht die übliche beduinische Gastfreundschaft. Vielmehr erkennt Abraham den Gott-Menschen und bittet ihn, nicht weiterzuziehen (Vers 3). Üblich wäre gewesen, dass der Gast um Bleiberecht bittet und der Herr des Hauses entscheidet, wie lange er bleiben darf – auf eine Tasse Kaffee, für drei Nächte oder ob er als Teil der Familie aufgenommen wird. Für Abraham ist klar, dass er mit dem Gott spricht, den er bereits kennt. Der besondere Mann wird in dieser Geschichte viermal mit dem Namen Gottes (JHWH) bezeichnet (2.Mose 18,1.17.22.33).
Hier lesen wir also etwas Erstaunliches: Gott kann menschliche Gestalt annehmen. „Warum sollte Gott etwas unmöglich sein?“ Kein Mensch kann Gott werden, doch Gott kann Mensch werden. In 1.Mose 18 erleben wir eine radikale Darstellung der Fleischwerdung Gottes: Er isst das von Abraham zubereitete Essen. Die Männer sind also keine Geisteserscheinung, sondern echte Menschen.
Und deshalb entstand in Johannes 8 die ganze Aufregung um Jesus. Wenn Abraham Jesus getroffen und gesehen hat, dann muss Jesus der Gott-Mensch sein. Die Reaktion der Zuhörer entspricht genau dieser Erkenntnis. Warum sonst sollten sie so aufgeregt reagieren und Jesus sogar steinigen wollen?
In Jesus begegnet uns der unsichtbare Gott. In ihm offenbarte sich Gott den Menschen durch alle Zeiten. Jesus hat nicht eine Offenbarung von Gott bekommen, sondern ist selbst die Offenbarung Gottes.
Der Grund, warum wir Gott nicht sehen können, liegt nicht an Gott, sondern weil wir nicht erkennen, wie er uns begegnet.
Abraham erkannte, dass Gott vor ihm stand und sagte: „Herr, habe ich Gnade gefunden vor deinen Augen, so geh nicht an deinem Knecht vorüber“ (1.Mose 18,3).
Wäre es nicht schön, wenn auch wir wieder diesen Blick von Abraham hätten, damit wir erkennen, wie Gott uns begegnet?
Gott kann zugleich im Himmel und auf dieser Erde sein.
Einerseits sehen wir, wie Abraham mit Gott sprechen kann, Gott jedoch immer noch das ganze Universum in seiner Hand hält. Dann steht auch in 1.Mose 19,23-24 ein interessanter Ausdruck: „Als die Sonne über dem Land aufgegangen und Lot in Zoar angekommen war, ließ der HERR auf Sodom und Gomorra Schwefel und Feuer regnen, vom HERRN, vom Himmel herab.“
Also hier lässt Gott JHWH Feuer regnen vom Gott JHWH. Diese Formulierung ist eigenartig. Doch sie ist ein Fingerzeig auf eine Eigenschaft, die nur Gott hat. Gott hat alle Zeit der Welt für einen einzelnen Menschen und kann gleichzeitig die Welt regieren.
Gott kann durch den Heiligen Geist in uns allen und gleichzeitig im Himmel sein. Das ist eine rein göttliche Eigenschaft. Deshalb kann er auf alle Gebete gleichzeitig hören und individuell antworten.
Diese Eigenschaft an Gott fasziniert mich.
In Jesaja 66,1 steht: „So spricht der HERR: Der Himmel ist mein Thron und die Erde der Schemel für meine Füße. Was wäre das für ein Haus, das ihr mir bauen könntet?“ Jesus sagte in Matthäus 28,20: „Ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“
Gott kann zugleich im Himmel und durch den Heiligen Geist überall auf dieser Erde sein. Gott ist nicht fern, sondern hält uns in seiner Hand. Selbst, dass wir als Menschen noch am Leben sind, ist nur möglich, weil Gott uns erhält. Wenn er uns nicht mehr beschützt, dann geht uns wie bei einem Luftballon die Luft aus.
Gott bewegt Abraham.
Die Geschichte von Abraham zeigt uns eine tiefe Wahrheit auf. Es geht nicht darum, dass wir Gott bewegen, sondern Gott uns.
In 1. Mose 12,1 steht: „Der HERR sprach zu Abram: Geh fort aus deinem Land, aus deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde!“ „Mach dich auf den Weg.“ Also wir hätten sicher gern gewusst, wohin es geht!
In Hebräer 11,8 steht: „Aufgrund des Glaubens gehorchte Abraham dem Ruf, wegzuziehen in ein Land, das er zum Erbe erhalten sollte; und er zog weg, ohne zu wissen, wohin er kommen würde.“
Das ist auch eine Eigenart Gottes. Er geht mit jedem Menschen einen Weg. Das gilt es auszuhalten.
Wenn wir auf den Gott Abrahams vertrauen, dann sind wir auf einem Weg. Die ersten Christen bezeichneten sich als Weggemeinschaft (Apostelgeschichte 19,23; 24,14). Im Koran werden die Menschen, die aufrichtig mit Gott unterwegs sind, als die Menschen des geraden Weges bezeichnet (Sure 6,153). Für Juden bedeutet Glauben, nicht über Gott zu philosophieren, sondern sich einen jüdischen Lebensstil anzueignen.
Wir sind also auf einem Weg. Gott nimmt uns mit auf einen Weg. So hat Jesus auch seine Zuhörer eingeladen: „Folget mir nach.“ (Johannes 12,26). Wir müssen nicht alles zuerst richtig verstehen, um mit Gott unterwegs zu sein, sondern uns einfach auf Gott einlassen und täglich bereit sein, von ihm zu lernen, was das Wort „Jünger“ bedeutet.
Spannend ist, dass wir mit unserem Glauben nicht Gott bewegen, sondern er uns bewegen will. Er möchte, dass durch uns Gottes Reich in unserem Umfeld erfahrbar wird.
Auf diesem Weg sind wir nicht vollkommen, aber in Bewegung. Wenn wir an den Gott Abrahams glauben, dann sind wir mit Gott auf einem Weg. Wir wissen, dass er nicht fern ist, sondern bei uns. Bei ihm ist nichts unmöglich – auch nicht, uns als Mensch zu begegnen. Wir können Gott mit nichts beeindrucken, sondern sind von ihm reich beschenkt. Wir wissen, dass Gott uns freundlich gesinnt ist. Er geht uns nach, ruft uns und will uns wieder zu sich zurückbringen.
Der Gott Abrahams fasziniert mich. Ich hoffe, dass wir alle uns wieder neu auf ihn einlassen wollen.
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